Aktuell: Die beobachtende Passivität der Masse. Diese pluralistische Ignoranz ist gefährlich

sehr gefährlich!
Wissensmanufaktur.net schreibt dazu

Der Fokus der Wissensmanufaktur liegt neben den permanenten Untersuchungen der aktuellen Wirtschaftslage auch in der Hinterfragung der gesamten wirtschaftlichen Ordnung.

Diese Hinterfragung ist dringend not-wendend! Worum geht es:

In der Sozialpsychologie kennen wir den Begriff der pluralistischen Ignoranz, der den Zustand der zu beobachtenden Passivität der Masse erläutert. Wenn Menschen erleben, dass eine schwer einzuschätzende Situation aufgetreten ist, diese aber nicht analysieren können, gehen sie in eine Beobachtungsposition über, um zu ermitteln, wie ihre Mitmenschen reagieren.

Diese aber haben ebenfalls diese Haltung eingenommen und achten darauf, ob etwas geschieht. So entsteht eine pluralistische Ignoranz. Selbst bei dramatischen Verwerfungen oder Notfällen ergreifen dann die Menschen keine Initiative, obwohl es deutlich angezeigt wäre. Die Machtsysteme können durch gezielte Überinformationen und sich widersprechende Nachrichten diesen passiven Zustand der Menschen aufrechterhalten.

[link. Gesamten Artikel und weiterlesen]    http://bit.ly/wissensmanufaktur-net-tag-x-pdf

Countdown zur Rettung der Banken, Relativität der Zeit

Die Autoren J. Dams, F. Eder und T. Kaiser schreiben am 09.10.2011 in welt.de

Der Politik bleiben nur wenige Tage, um Europas Banken vor dem Zusammenbruch zu bewahren. Mit Hochdruck suchen Regierungschefs nach Lösungen.

Drei Jahre nach dem Zusammenbruch der US-Investmenbank Lehman Brothers schlägt die Finanzkrise wieder zu. Stand damals schon die Zukunft des internationalen Finanzsystems und damit der gesamten Weltwirtschaft auf der Kippe, ist die Lage heute nach Einschätzung vieler Experten noch gefährlicher als im Herbst 2008.

Frankfurter Banken-Skyline
Foto: picture-alliance / Frank Rumpenh Frankfurter Banken-Skyline: Schwere Zeiten für die Geldinstitute

Wenn die Politik nicht in der Lage sei, die Finanzkrise auf eine glaubwürdige Art anzugehen, „dann werden wir, so denke ich, vielleicht innerhalb von zwei bis drei Wochen einen Zusammenbruch bei den Staatsschulden haben, was im gesamten europäischen Bankensystem zu einer Kernschmelze führen wird“, warnt Robert Shapiro, ein Berater des Internationalen Währungsfonds (IWF).

Den meisten Regierungschefs der Euro-Zone ist die Brisanz der Lage mittlerweile bewusst. Am Sonntag wird Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy daher bei Angela Merkel im Bundeskanzleramt erwartet. Die beiden suchen nach einem Weg aus dem Dilemma. Die Zeit drängt. Daher werden sie noch am Abend verkünden müssen, wie es weitergehen soll. Die Börsen erwarten einen Lichtblick, sonst dürfte es am Montag neue Verwerfungen an den Märkten geben

Politikern ist die Brisanz der Lage bewusst

Bis vor wenigen Tagen lagen Sarkozy und Merkel in wichtigen Streitpunkten allerdings weit auseinander: Deutschland will eine Umschuldung Griechenlands, Frankreich lehnte sie ab. Paris fordert, dass der Rettungsfonds EFSF zur Refinanzierung angeschlagener Staaten und Banken der Euro-Zone Zugriff auf Gelder der Europäischen Zentralbank (EZB) haben soll; Berlin ist bislang strikt dagegen.

Video

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Merkel würde Banken mit Milliarden unterstützen

Merkel will die europäischen Verträge früher als erst in drei Jahren ändern, um größere Durchgriffsrechte bei den Schuldensündern zu haben. Das soll für die gesamte EU gelten. Sarkozy aber will das auf die Euro-Zone begrenzen.

Inzwischen zeichnet sich nach Informationen der „Welt am Sonntag“ zumindest bei einigen Knackpunkten eine Einigung ab: Im Gegenzug für eine Schuldenschnitt für Griechenland soll Deutschland bereit sein, den Franzosen beim Rettungsfonds nachzugeben.

Das könnte zur Folge haben, dass französische Banken, die eine Umschuldung Griechenlands nicht verkraften, im Notfall über den EFSF und damit auch mit deutschen Steuergeldern gestützt werden. Spätestens bis zum Treffen des Europäischen Rats am 17. und 18. Oktober solle zudem der Beschluss über die Rekapitalisierung der Banken stehen, heißt es.

Banken bunkern Geld bei der EZB

Eile ist geboten. Denn eine Reihe großer europäischer Geldhäuser würde Kapital brauchen, um Verluste infolge eines Schuldenschnitts in Athen abzufedern. Am Kapitalmarkt bekommen viele Institute kein Geld mehr: Nicht nur US-Banken, sondern auch europäische Häuser weigern sich immer häufiger, mit ihren Konkurrenten noch Geschäfte zu machen. Sie fürchten den Verlust ihres Geldes, sollte der Geschäftspartner zusammenbrechen. Anstatt ihr Geld höher verzinst in Transaktionen mit der Konkurrenz zu investieren, tragen die Banken ihre Euro über Nacht lieber zur EZB. Mitte der Woche lag die Summe der Einlagen bei der Notenbank schon bei mehr als 210 Milliarden Euro.

Längst geht man in der Bundesregierung davon aus, dass diese Turbulenzen Folgen für die Realwirtschaft haben werden. „Noch stehen wir ganz gut da, aber das wird nicht so bleiben“, heißt es in Regierungskreisen.


Es gibt zwei Euro-Rettungsschirme – den modifizierten vorläufigen Mechanismus EFSF und seinen dauerhaften Nachfolger ESM, der Mitte 2013 in Kraft tritt.

Deutsche Banken haben im europäischen Ausland schon ihre Kredite reduziert. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis diese Entwicklung auch im Inland beginnt. Dann kommen hiesige Firmen in die Bredouille. Sie werden weniger investieren und womöglich sogar Arbeitsplätze abbauen. In einem international schwierigen Umfeld mit einer schwachen Konjunktur in den USA könnte die europäische Schuldenkrise Auslöser für eine weltweite Rezession sein.

Anders aber als 2008 sind es dieses Mal eben nicht die Banken, die sich mit undurchschaubaren Finanzprodukten verzockt haben. Das Problem der Geldhäuser sind heute europäische Staatsanleihen. Jahrelang galten die Bonds als so risikoarm, dass die Banken für sie nicht einmal Eigenkapital als Risikopuffer vorhalten mussten. Seit Griechenland, Irland, Portugal, Spanien und Italien wackeln, ist deutlich geworden, dass diese Regelung ein Fehler war.

Ratingagenturen zeigen Dramatik der Lage

Nun stecken alle in der Zwickmühle. Die Banken geraten unter Druck, weil sie die Anleihen maroder Euro-Staaten halten. Eigentlich müssten ihnen diese Länder nun wiederum helfen. Doch dafür fehlt der Politik das Geld. „Wir stecken mitten in einer ausgewachsenen Bankenkrise“, sagt Maurice Obstfeld, Professor an der Universität von Kalifornien in Berkeley deshalb der „Welt am Sonntag“.

Wie dramatisch die Lage ist, zeigen neue Botschaften der Ratingagenturen. Mit Fitch hat auch der letzte der drei großen Bonitätsprüfer die Kreditwürdigkeit Spaniens und Italiens herabgestuft. Das bedeutet: höhere Zinslasten für neue Kredite und damit noch größere Lasten für beide Länder. Als wäre das nicht schlimm genug, gerät nun auch Belgien in den Fokus der Agenturen. Moody’s droht dem Land mit der Herabstufung. Der Grund: Belgien muss seine Banken vielleicht stützen und kann sich das eigentlich kaum leisten.

Als größtes Land Europas ist Deutschland daher nach Ansicht von Weltbank-Präsident Robert Zoellick jetzt gefordert. „Als vor gut 20 Jahren der Ostblick zusammenbrach, entwickelte Bundeskanzler Helmut Kohl eine Vision, wie sich die Dinge entwickeln könnten“, sagte Zoellick „Der Wirtschaftswoche“. „So etwas fehlt jetzt völlig, und je länger dies andauert, desto mehr Geld kostet es und desto weniger Handlungsoptionen wird es geben.“

Die Bankenkrise ist dafür ein beredtes Beispiel. Lange hat die Politik das Problem vor sich her geschoben. Jetzt aber führt kein Weg an zügigen Hilfen in ganz Europa vorbei. „Die öffentliche Hand sollte einen größtmöglichen Teil des Risikos tragen, um die Stabilität des Finanzsystems nicht weiter zu gefährden“, sagte Princeton-Professor Eric Maskin.

Jenen Staaten aber, denen das Geld dafür fehlt, wird der Rest Europas helfen müssen, mit milliardenschweren Folgen für Deutschlands Steuerzahler. Die Alternative dazu aber wäre ein Szenario, dass kaum ein Politiker in Regierungsverantwortung riskieren will: der Zusammenbruch des Weltfinanzsystems. Angela Merkel hat das bei ihrem Treffen mit Sarkozy sicher vor Augen.

http://www.welt.de/wirtschaft/article13649035/Der-Countdown-zur-Rettung-der-Banken-laeuft.html

Hirni (dt.: Hirn) einschalten und mehr, frei nach Goethe

Von Jean Paul, der sicher damals von John Law gehört und selbst – als Franzose – die Zeit der Assignaten (PapierGeld) miterlebt hatte, er lebte von 1763 bis 1825, ist ein Zitat überliefert:

Wenn ihr die Augen nicht braucht, um zu sehen, werdet ihr sie brauchen, um zu weinen!

Das Auge alleine macht es bekanntlich noch nicht, es wird in der aktuellen Wissenschaft dem Hirn zugeschrieben, das Denken.

Dazu ein schönes Bild vom Plakat vom Paradeplatz Zürich während des ersten #occupy Paradeplatz Anlasses vom 15.10. bis 17.10.2011 aus der Tagesschau von SF1  „hirni“

< Für heute schalten wir das Hirni ein! >

occupy Paradeplatz Zuerich Plakat hirni einschalten

Unser Kommentar: Bitte eingeschaltet lassen!

und, wie sagte schon der alte JWvG

  „Es ist nicht genug, zu wissen, man muss auch anwenden; es ist nicht genug, zu wollen, man muss auch tun.“  Johann Wolfgang von Goethe (Werk: Wilhelm Meisters Wanderjahre)

Mehr zur aktuellen Ignoranz der Mehrheit, gerne hier.

15. Oktober 2011, 15.10.2011 Berlin Frankfurt Stuttgart Zürich global

Am 15. Oktober 2011 wurde weltweit in vielen westlichen Grosstädten uam. gegen die Übermacht der Finanzmärkte, gegen die sog. „Hilflosigkeit der Volksvertreter“ und für „mehr Demokratie“ demonstriert.

Ob der Titel und die Absicht der „BeSetzung“ ausgedrückt generell durch „occupy“, – in Zürich “occupy Paradeplatz“  – sinn-voll ist? (S. dazu

Jedenfalls, der 15.10.2011 wird nicht nur besonders sein, da man ab dann nur 70 Tage sich auf die diesjährigen Weihnachtsgeschenke freuen darf. Es handelt sich dabei um einen Tag, der Weltgeschichte schreiben KANN. Zumindest versuchen die Veranstalter in Zürich, Stuttgart, Frankfurt, Berlin und weiteren Städten Protestmärsche zu organisieren, um einen weltweiten Wandel herbeizuführen.

Der komplette Artikel für Zürich:

15. Oktober: #occupy paradeplatz

Frankfurt

http://www.occupyfrankfurt.de/

http://www.occupyfrankfurt.de/doku.php

http://www.livestream.com/occupyfrankfurt

Berlin

http://www.facebook.com/OccupyBerlin

http://www.tagesspiegel.de/politik/wall-street-proteste-erreichen-berlin/4761330.html

Mehr zum Thema

Stuttgart

http://www.meetup.com/occupytogether/Stuttgart-DE/395342/?facebook_share_RSVP=1

http://blog.cams21.de/2011/10/15/15-10-2011-occupy-stuttgart/

schreibt

Heute wird weltweit gegen die Übermacht der Finanzmärkte, gegen die Hilflosigkeit der Volksvertreter und für mehr Demokratie demonstriert (www.globalrevolution.tv). Auch in Stuttgart gehen die Leute auf die Straße, um zu zeigen, dass sie mit dieser Entwicklung nicht einverstanden sind.

Cams21 wird die Demonstration begleiten und von mehreren Positionen live auf www.cams21.de streamen. Wir sind vernetzt mit http://ergendwas.de/category/germany/,

(Da würden sich die Livestreams dieses Protesttages aller deutschen Städten verfolgen lassen.)

http://www.livestream.com/globalrevolution

Zürich (siehe oben) und Updates

Zürich Updates

18.10.2011

19.10.2011:

NZZ: «Occupy Bewegung» zeigt Bankenverband kalte Schulter

Details Kategorie: Finanz & Wirtschaft  Veröffentlicht bei WAC Switzerland am Mittwoch, 19 Oktober 2011 08:21

Die Zürcher «Occupy Paradeplatz»-Bewegung will am Mittwoch nicht zum vereinbarten Gespräch mit Bankenvertretern erscheinen. Als Grund geben die «Empörten» an, dass deren konsensorientierte und basisdemokratische Bewegung es nicht erlaube, eine Delegation zu entsenden.

(sda) Die Zürcher «Occupy Paradeplatz»-Bewegung möchte am Mittwoch zum Gespräch mit dem Bankenverband nicht erscheinen. Die basisdemokratische Bewegung erlaube es nicht, eine Delegation zu entsenden. Es wäre zwar möglich, eine Botschaft zu überbringen, aber es sei einzelnen Personen und Gruppen nicht möglich, die Bewegung zu vertreten, heisst es in einer Mitteilung vom frühen Mittwochmorgen. Meinungsbildend sei nur die Vollversammlung.

Die Bewegung lädt die Bankenvertreter deshalb zur nächsten Vollversammlung ein, die am Donnerstagabend [20.10.2011] auf dem Lindenhof [in Zürich] stattfindet.

Hier geht’s zum NZZ-Artikel

Kommentar: Der Zürcher Bankenverband hat kein Interesse an die Vollversammlung zu treten und zur Bewegung zu sprechen. Die Einladung wurde per Medienmitteilung verschickt, das Zitat vom Präsidiumsmitgliet Hans-Peter Portmann (FDP) gegnüber 20Minuten lautet wie folgt: «Wir gehen sicher nicht ins Camp auf den Lindenhof, wie das die Aktivisten fordern, sondern sind wie angekündigt um 12 Uhr im Kirchgemeindehaus». Diejenigen welche auf dem Lindenhof ausgeharrt haben, wollen keine Delegation schicken, sondern rufen Einzelpersonen aus der Bevölkerung auf, welche sich fachkompetent und mit genügend Branchenerfahrung mit dem Bankenverband zum Schlagabtausch treffen.

(Aus wac Switzerland )

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Literatur:

Was, wenn es wirklich kracht? Tages-Anzeiger, Zürich, Zeitungsartikel von Constantin Seibt

Prof. Franz Hörmann

Buch Crashkurs

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Dirk Müller
Crashkurs
Hintergrundinformationen zur aktuellen Wirtschaft
lesenswert!

Proteste gegen Finanz- und Bankenwelt schwappen auf Schweiz über

US-Vorbild für Schweizer «Empörte»: Protest an der Wall Street (Archiv)
Bild: Keystone
«Es hat noch immer klein angefangen»

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Die Proteste der Empörten schwappen auf die Schweiz über. Für Samstag sind in vier Städten Aktionen geplant. Die Besetzer wehren sich gegen das Finanzsystem und die politische Elite. Eine Lausanner Politologin warnt: Ausserhalb des Politsystems könne die Bewegung ihre Forderungen nur schwer durchsetzen.

Als Vorbild dienen den Aktivisten die Proteste gegen die Wall Street in den USA. Wie in New York soll im Rahmen des internationalen Aktionstags vom Samstag auch in London, Brüssel und Berlin protestiert werden – und in der Schweiz.

Die „Empörten“, wie sie genannt werden, wollen ihrem Ärger in Zürich, Bern, Basel und Genf Luft machen. Sie kritisieren die Banken, das Wirtschaftssystem an sich, aber auch die etablierte Politik.

In Zürich soll der symbolträchtige Paradeplatz besetzt werden. David Roth, Präsident der mitorganisierenden JUSO, rechnet mit 1000 bis 1500 Teilnehmern. Noch nicht bestätigt ist ein allfälliger Auftritt des ehemaligen Genfer SP-Nationalrats und Globalisierungskritikers Jean Ziegler. Laut Roth soll es ein friedlicher Anlass werden.

Keine Bewilligung in Zürich, Bern und Basel

Wer die offizielle Verantwortung hat, ist unklar. Neben den JUSO sind voraussichtlich auch die Grünen dabei, während sich die Piratenpartei von der Aktion distanziert hat.

Auch die umstrittene Gruppe „We are change“ und die Bewegung „Echte Demokratie jetzt“ rufen zur Besetzung auf. Wie aus der Website von „We are change“ hervorgeht, bezweifelt die Gruppierung unter anderem die offizielle Geschichtsschreibung zu den Terroranschlägen vom 11. September 2001 und den Zusammenhang von Klimawandel und menschlichen CO2-Emissionen.

Bewilligt ist die Aktion in Zürich ebenso wenig wie jene in Bern und in Basel. Wie die Verantwortlichen der drei Polizeien auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda sagten, sind bis Freitagmorgen keine Gesuche eingegangen. Bewilligt ist einzig die Demonstration in Genf.

(sda)

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aus Bluewin.ch, Kommentare

Wall-Street-Proteste 001

Wall-Street-Proteste als neue globale Bürgerbewegung?

Die Wall Street ist zum Zentrum von Demonstrationen geworden.
Die Wall Street ist zum Zentrum von Demonstrationen geworden.
Bild: Bloomberg

13.10.2011 00:31

Die Proteste in US-Grossstädten mit dem Motto „Occupy Together“ könnten zu einer neuen globalen Bürgerbewegung werden, mit der die Menschen ihre Wut über die Missstände in ihrem Land auf die Straße tragen.

Die Parolen in Manhattan, Washington und Chicago scheinen inspiriert zu sein von den Jugendprotesten in Europa. Die Demonstranten eint das Gefühl, für das Missmanagement und die Raffgier von wenigen Einzelnen, insbesondere der Eliten aus Politik und Finanzindustrie bezahlen zu müssen. Mit Hilfe des Internets kommt es zu einem weltweiten Austausch an Solidaritätsbekundungen und Informationen unter den Demonstranten. Das Leitmotiv: „Wir sind die Mehrheit der Bevölkerung, die in Unsicherheit lebt und unter der Finanzkrise leiden muss. Wir sind die 99 Prozent!“

Und so riefen die Demonstranten auf der Londoner Westminster Bridge bei Protesten am vergangenen Sonntag gegen die Reformpläne des britischen Gesundheitssystems eben diese Slogans, die zuvor zum Symbol für die Anti-Wall-Street-Bewegung in den USA geworden waren.

„Es handelt sich hier um eine Entwicklung, die mehrere Jahre andauern wird, vielleicht sogar Jahrzehnte“, sagt die Chefanalystin der US-Bank Citi, Tina Fordham. „Bislang war die politische Anteilnahme gering, aber das könnte sich ändern. Eine anhaltende Phase von keinem oder geringem Wirtschaftswachstum könnte diese aufkommende Bewegung in eine politische Kraft verwandeln.“

Noch keine konkreten Forderungen definiert

Kritiker bemängeln, dass die Bewegung bislang keine konkreten Forderungen definiert und sich nur auf die Kritik an Bestehendem konzentriert. Doch im Zuge der jüngsten Demonstrationen am Montag in Chicago veröffentlichten die Organisatoren eine Stellungnahme im Internet, in der sie die Besteuerung von Finanztransaktionen der Börsen in Chicago fordern. Mit den Steuereinnahmen wollen sie Tausende von Arbeitsplätzen finanzieren. Zwar ist die Idee der Transaktionssteuer – angelehnt an die von Globalisierungskritikern seit langem geforderte „Tobin-Tax“ – keine neue Idee, aber sie beweist die zunehmende Seriosität der zunächst naiv wirkenden Proteste.

Inspiriert auch vom „Arabischen Frühling“ in Tunis und Kairo nutzt auch die „Occupy-Bewegung“ soziale Netzwerke im Internet als wichtigstes Kommunikationsmittel. Und auch die Beschlagnahme zentraler Orte, an denen sich Demonstranten versammeln und organisieren, gleicht den Protestbewegungen in Nordafrika im Frühjahr des Jahres.

Natürlich zeigen sich einige gravierende Unterschiede: Bei den Demonstrationen in Ägypten und Tunesien wollten die Menschen den Sturz der Machthaber erzwingen, die ihnen über Jahre hinweg die politische und persönliche Freiheit geraubt, Oppositionelle unterdrückt und gefoltert und Jugendliche ohne Perspektiven zurückgelassen hatten.

Bei den Occupy-Protesten mag es auch um den „Diebstahl“ der persönlichen Freiheit gehen. Doch fordern die Demonstranten keinesfalls ein neues politisches System und den Sturz ihrer Regierungen. Die Menschen in den USA sind wütend auf die ungleiche Verteilung von Reichtum und wollen am Profit der Wirtschaft wieder beteiligt werden. Der amerikanische Traum scheint in Gefahr zu sein – den wollen sie retten und nicht begraben.

Psychologie einer Generation

Clay Shirky, Professor an der Universität New York und Autor des Buches „Here Comes Everybody“, spricht von der Psychologie einer Generation. „Wenn man betrachtet, was überall passiert ist, so ist dies eine Art psychologische Synchronisation“, sagte er unlängst bei einer Konferenz in Washington. „Es besteht die Wahrnehmung unter jungen Menschen, dass ihre Generation andersartig ist. Wenn viele so denken, dann könnten wir die Bewegung einer Generationen beobachten, wie zuletzt 1967.“

Doch stellt sich die Frage, welche langfristigen Auswirkungen eine solche Entwicklung mit sich bringen würde. Denn viele der Mitglieder der „68er-Bewegung“ sind heute Teil des Systems, das sie einst kritisierten. Grundlegend verändert haben sich die globalen Machtverhältnisse seitdem nicht. Und so scheint es eher unwahrscheinlich, dass sich die Wall-Street-Proteste in eine grundsätzliche Kritik an bestehenden Strukturen ausdehnen werden, die das weltweite Arm-Reich-Gefälle anprangert oder gar verändert.

Für die Demonstranten im Nahen Osten, die mit den Folgen der Machtverschiebung in ihrem Land zu kämpfen haben, sind die Proteste in den Industrienationen spannend zu verfolgen. Dennoch bezweifeln viele, dass sie Teil eines globalen Zeitgeists werden können. „Ich denke, die Banker in der Region sind besorgt“, schreibt ein Blogger aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, „aber nicht die Jemeniten und Syrer auf der Straße, wenn Sie verstehen, was ich meine.“

(Reuters) (exakt nach)

Spaniens Herabstufung stoppt Wall Street

Die Herabstufung der Kreditwürdigkeit Madrids durch die Ratingagentur Fitch hat die Stimmung an den US-Börsen gedrückt. Der Dow-Jones-Index schloss leicht im Minus bei 11’103 Punkten.
http://www.bernerzeitung.ch/wirtschaft/k…/story/11357875